In dem kleinen Dorf Altweidlingen, versteckt im dichten Wald von Nebelgrund, geschieht im November Jahr für Jahr etwas Unheimliches. Die Tage scheinen kürzer als sonst, und immer wieder berichten die Dorfbewohner, dass ihnen die Zeit „abhandenkommt“. Dabei geht es nicht um die herbstliche Dunkelheit, sondern um etwas Mysteriöses: Stunden verschwinden spurlos.
Es begann vor einigen Jahren, als die alte Dorfuhr zum ersten Mal stehen blieb. Sie stoppte exakt um 17:47 Uhr und tat es seither immer wieder, unabhängig von Reparaturen. Seltsamerweise merken die Bewohner an genau diesem Tag jedes Jahr, dass die Stunden zu „verfliegen“ scheinen – als würden sie in einem Moment am Abend sitzen und dann urplötzlich Mitternacht vor sich haben, ohne Erinnerung an das, was dazwischen geschah.
Die junge Lehrerin Rita Gernblick erlebte das Phänomen am eigenen Leib, als sie eines Abends im November von der Schule nach Hause ging. Sie erinnert sich, den vertrauten Weg entlang des Flussufers eingeschlagen zu haben, aber das nächste, woran sie sich erinnert, war das Läuten der Kirchturmglocke zur Mitternacht, als sie plötzlich wieder aufwachte – mitten auf dem Platz vor der alten Dorfuhr. „Ich habe keine Ahnung, wie ich dorthin gelangt bin,“ erzählte sie später. „Die Straßen waren leer, und es fühlte sich an, als sei niemand außer mir wach.“
Doch Rita war nicht die einzige. Auch Gustav Ehrsam, der in der Dorfkneipe arbeitet, berichtete von einer unheimlichen Zeitverschiebung. „Ein Gast war da, ich servierte ihm sein Bier. Ich drehte mich um, und als ich wieder hinsah, war die Uhr zwei Stunden weiter, und der Gast war verschwunden. Nicht mal ein leerer Krug blieb zurück.“
Einige Dorfbewohner glauben, dass das „Zeitverschwinden“ mit dem Turm der alten Dorfkirche zu tun hat, in dem seit Jahrzehnten niemand mehr war. Es wird gemunkelt, dass eine alte Uhr im Turm eine magische Verbindung zur Zeit selbst besitzt und dass jemand – oder etwas – sich ihrer bedient, um die Zeit in Altweidlingen zu manipulieren. Ein alter Brief des Uhrmachers, der vor über hundert Jahren in dieser Kirche arbeitete, wurde kürzlich in einer versteckten Nische der Dorfbibliothek gefunden. In diesem schrieb er von einer „dritten Zeitebene“, die nur im November betreten werden könne.
Je näher der 17. November rückt, desto unruhiger wird das Dorf. Dieses Datum scheint das Zentrum des Geheimnisses zu sein, denn es markiert den Tag, an dem die Uhr immer stehen bleibt. Die Dorfbewohner von Altweidlingen sind sich einig: Irgendetwas stimmt nicht mit der Zeit in ihrem Dorf, und der November bringt ein uraltes Rätsel mit sich.
Einige wagen es, die Ursache im Kirchturm zu suchen, doch bisher kehrten alle ohne Antworten zurück – und mit einem vagen Gefühl, dass ihnen Stunden ihres Lebens fehlen.
Das Novembergeheimnis der verschwundenen Zeit bleibt ungelöst, und so endet jeder November in Altweidlingen mit der unheimlichen Frage: Was oder wer stiehlt den Menschen hier ihre Zeit?
Kommentar hinzufügen
Bisherige Kommentare